Heute möchte ich auf ein Thema eingehen, welches in den Medien und aber auch in privaten Gesprächen oftmals sehr verschrien ist – das Handeln mit Hebelzertifikaten.
Wie Ihr wisst liegt mir als Familienvater sehr daran unser Geld gewinnbringend anzulegen und dabei auf keinen Fall ein hohes Verlustrisiko einzugehen. Vielleicht meldet sich jetzt schon der erste und meint: “Vorsichtiges Anlegen und Hebelzertifikate – das geht nicht zusammen!” Tatsächlich geht es meistens, wenn mal wieder vom “Casino Börse” gesprochen wird, um Hebelzertifikate. Und tatsächlich kann es leicht passieren (wenn man uninformiert ist und ohne Plan handelt) dass man die Kontrolle über sein Agieren mit diesen Finanzprodukten verliert.
Nachdem ich mich aber nun schon eine ganze Weile damit auseinander setze kann ich sagen – das Handeln mit Hebelzertifikaten kann sehr wohl planvoll und dadurch risikoavers passieren. Natürlich geht man mehr Risiko ein als wenn man das Geld auf’s Tagesgeldkonto legt – man geht aber auch mehr Risiko ein, wenn man spazieren geht als wenn man den ganzen Tag im Bett liegen bleibt.
Worauf ich hinaus will ist vermutlich jedem klar: Von nichts kommt eben auch nichts!
Was ist ein Hebelzertifikat?
Zunächst einmal muss man feststellen, dass es nicht das eine Hebelzertifikat gibt, sondern x verschiedene Varianten. Ich möchte jetzt auch nicht jeden Typus der Zertifikate beschreiben und erklären, sondern möchte in diesem Artikel erklären welche Zertifikate bzw. Derivate ich aktiv handle und wie ich dafür sorge, dass das ganze vom Risiko her überschaubar bleibt.
Anfänglich erscheinen Zertifikate, Derivate, Hebelprodukte und wie man sie eben sonst noch so nennt etwas undurchschaubar. Grundsätzlich hilft es aber sich die eigentliche Idee hinter derartigen Produkten zu vergegenwärtigen:
Zertifikate gehören zu den sogenannten Derivaten. Derivat kommt vom lateinischen “derivare” und das bedeutet “ableiten”. Mit diesem Wissen erscheint der Begriff sehr schlüssig, denn ein Derivat ist ein Finanzprodukt, welches von einem anderen Finanzprodukt “abgeleitet” wurde oder vielleicht etwas besser formuliert: Es ist ein Produkt, das sich auf ein anderes bezieht.
Hebelprodukte sind also Produkte, die sich auf etwas beziehen. Das können Indizes sein, Aktien, Rohstoffe, und aber auch alles möglichen anderen Werte. Dabei trennt sich für mich auch schon in erster Instanz die Spreu vom Weizen, denn ein Zertifikat auf das Wetter ist offenkundig ein Glückspiel, wohingegen ein Zertifikat auf einen Index oder eine Aktie meines Erachtens ganz und gar nichts mit Glückspiel zu tun haben muss.
Das Grundprinzip eines Hebelzertifikates ist aber immer gleich:
Man kauft ein Finanzprodukt, dass einen Basiswert nachzeichnet aber eben mit einem Hebel. Das bedeutet man geht die Kursentwicklung überproportional mit. Ist der Hebel beispielsweise 20 und der Basiswert bewegt sich um 3 Prozent, bewegt sich das Zertifikat um 60 Prozent.
Es gibt viele Blogs und Finanzseiten, die sehr gut und in aller Ausführlichkeit Zertifikattypen und Ihre Unterschiede beschreiben – deswegen verzichte ich hier darauf, denn es erscheint mir wenig sinnvoll hier zu versuchen das Rad neu zu erfinden. Ich beschränke mich hier darauf zu erläutern wie ich vorgehe, welchen Zertifikattypus ich trade und warum ich der Meinung bin, dass man diesen auch als eher konservativer Anleger traden kann.
Das Knockout-Zertifikat beim Handeln mit Hebelzertifikaten
Ich habe bislang ausschließlich mit Knockout-Zertifikaten Zertifikaten gehandelt, da diese aus meiner Sicht einige ganz erhebliche Vorteile für den Anleger aus Familiensicht mit sich bringen. Zunächst aber kurz was ist ein Knockout-Zertifikat:
Ein Knockout-Zertifikat bezieht sich, wie alle Zertifikate, auch auf einen Basiswert – genau wie bei einer Option – im Grunde genommen ist ein Knockout eine Optionsart. Der Basiswert kann, wie oben erläutert, beispielsweise ein Index oder eine Aktie sein. Ein Emittent, bietet dem Käufer an das Zertifikat auf den Basiswert zu einem Stichtag x zu einem bestimmten Preis zu kaufen. Die Differenz aus Basiswert und Preis wirkt sich auf den Hebel aus.
Beim gängigen Optionsschein ist eigentlich immer ein Laufzeitende integriert. Knockouts hingegen werden häufig ohne Laufzeitbegrenzung emittiert. Der Preis des Knockouts bestimmt sich im Wesentlichen aus dem Abstand des aktuellen Kurses des Basiswertes und dem Basispreis, also dem Kurs des Basiswertes zum Zeitpunkt der Emission, abhängt.
Auch hier ist der klassische Optionsschein anders, denn bei diesem spielen weitere Einflussfaktoren, wie die Volatilität des Basiswertes, aber auch Restlaufzeit (Zeitwert) für den Preis des Optionsscheins eine Rolle.
Eine zusätzliche Besonderheit hat ein Knockout-Zertifikat – und zwar gibt es immer eine Knockout-Schwelle. Wenn der Kurs diese Hürde “reißt”, ist das Zertifikat nichts mehr Wert – deswegen “Knockout”. Es droht also immer der Totalverlust des eingesetzten Kapitals. Gleichzeitig kann aber auch nicht mehr passieren als der Totalverlust. Das mag vielleicht seltsam klingen, aber es gibt auch Hebelzertifikate die sozusagen ins negative ausschlagen können – diese sind selbstredend nichts für den eher konservativ anlegenden Investor.
Wie funktioniert aber nun so ein Knockout konkret beim Handeln mit Hebelzertifikaten?
Bei einer positiven Meinung zu einem Index oder Aktienwert, kann man als risikobereiter Anleger einen Long-Knock-out kaufen. Mit diesem hat man dann die Möglichkeit von einer positiven Entwicklung des Kurses überproportional zu profitieren. Knockouts lassen sich ähnlich wie Aktien in Übersichten genau vergleichen und dabei ist natürlich auch der Hebel ein Kriterium. Grob gesagt kann man festhalten: Je näher die Knockout-Schwelle am aktuellen Kurs ist, desto größer ist das Risiko die Schwelle zu überschreiten und einen Totalverlust zu erleiden, desto größer ist aber auch der Hebel. Bei Indices kann man hier tatsächlich auch Hebel von bis zu 100 bekommen – natürlich nur mit hohem Risiko.

Steht also nun ein Index wie der DAX bei aktuell 12.500 Punkten und ich erwarte, dass der DAX in dem kommenden Wochen steigen wird, kann ich mir einen Long-Knockout auf den DAX kaufen. Ich könnte Beispielsweise ein Produkt mit folgenden Spezifikationen auswählen:
- Produkt: Knock-out Call auf den DAX
- Emittent: Commerzbank
- Basispreis bei Emission: 10.000 Punkte
- Knock-out Schwelle: 10.000 Punkte
- Bezugsverhältnis: 0,01
- Währung: Euro
- Laufzeit: open end
Der Preis des Produktes ließe sich dann so berechnen:
(Kurs des Basiswertes minus Basispreis bei Emission) multipliziert mit dem Bezugsverhältnis = (12.500 Punkte – 10.000 Punkte) x 0,01 = 2,50 Euro. De facto gibt es auch bei Zertifikaten noch einen Aufschlag und dieser hängt auch mit der Volatilität des basiswertes zusammen - aber grob stimmt diese Rechnung.
Damit wird auch das Prinzip nochmal klarer – man hat mit einem Knockout das volle Potential der Kursentwicklung auf seiner Seite zu einem sehr geringen Einsatz, aber trägt eben auch eine höheres Verlustrisiko. Der Hebel dieses Knockouts lässt sich so berechnen:
Aktueller Hebel = Kurs des Basiswerts*Bezugsverhältnis/Kurs des KOs = 12.500*0,01/2,5 = 50
Somit würde der Knock-out in etwa das 50-fache des DAX machen, in positiver ABER AUCH in negativer Richtung.
Das bedeutet: Steigt/fällt der DAX um ein Prozent, so steigt/fällt der Knock-out Call in derselben Zeit um 50 Prozent. Steigt/fällt der DAX beispielshalber um zwei Prozent, so steigt der Knock-out Call um 100 Prozent. Bei einem Fallen des DAX um zwei Prozent würde die Knock-out Schwelle bereits erreicht werden und das Zertifikat auf 0,00 Euro fallen. Damit hätten wir einen Totalverlust.
Wie kann man sich solch eine riskante Anlage aber nun auch als Anleger mit einer höheren Risikoaversion zu Nutze machen?
Meines Erachtens verhält es sich mit Knockouts ähnlich wie mit noch sehr günstige Aktien von jungen Unternehmen. Natürlich sind diese risikobehaftet, aber wenn man diese geschickt zu seinem Portfolio beimischt hat man eine deutlich höhere Renditechance bei überschaubarem Risiko. Zudem kann man ja den Hebel auch relativ klein wählen. Ich persönlich gehe selten über einen Hebel von 8 oder 9 – meist eher so um die 3-4. Bei diesen Hebeln ist die Knockout-Schwelle so weit weg vom aktuellen Kurs, dass man auch Gegenbewegungen locker aussitzen kann. Zudem achte ich immer darauf open-end Zertifikate zu kaufen, dass wenn das Zertifikat ausläuft hat man natürlich das Risiko, dass genau vor dem Auslaufen eine “falsche Kursentwicklung” stattfindet und man es eben nicht mehr aussitzen kann.
Wie schon mehrfach in meinem Blog betont: NIEMAND kann Kurse vorhersagen und es gibt damit IMMER ein Risiko bei der Anlage in Aktien, Indices, Zertifikate und all diese Finanzprodukte. Aber man kann durchaus Tendenzen erkennen – Unternehmen XY macht sich aktuell sehr gut, die News sprechen für sich und der Markt ist halbwegs stabil – dementsprechend sollte der Kurs sich positiv entwickeln. Wenn ich bei so einem Szenario mit genügend Abstand, also einem eher kleinen Hebel, in ein Knockout auf XY investiere ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass ich ein Plus verzeichnen werde – vielleicht nicht in drei Tagen, aber vermutlich in drei Monaten.
Vorteile von Knock-out-Zertifikaten
- Die Zertifikate bilden die Bewegung eines Basiswertes proportional ab, und dadurch ist ihre Wertentwicklung leicht nachzuvollziehen.
- Der Anleger kann maximal so viel verlieren, wie er eingesetzt hat. Das mag risikoaverse Anleger grundsätzlich Abschrecken, aber bei einem Invest in ein junges Unternehmen, kann das ebenfalls passieren.
- Mit Knock-out-Zertifikaten können Anleger gute Renditen erzielen. Selbst ein Hebel von 3 kann sich lohnen. Steigt die Aktie um 5% – steigt das Zertifikat um 15%.
Nachteile von Knock-out-Zertifikaten
- Der Totalverlust ist möglich und wird ab und an, wenn man regelmäßig damit traded, eintreten.
- Es gibt ein Emittentenrisiko – sollte der Emittent pleite gehen, hat das Zertifikat keinen Wert mehr
- Knock-out-Zertifikate verlangen ein gewisses Börsenverständnis, gute Marktkenntnisse und die Bereitschaft sich kontinuierlich zu informieren
Wie sieht also nun meine Anlagestrategie im Bezug auf die Knockouts aus?
- Ich lege nur einen ganz kleinen Teil meines Kapitals in Knockouts an – weniger als 3%.
- Ich nehme immer kleine Hebel – selbst wenn ich mir der antizipierten Entwicklung des Basiswertes sehr sicher bin – man weiß es eben nie sicher.
- Ich nehme meistens Knockouts mit Basiswerten, die ich selbst besitze, denn diese kenne ich gut und beobachte ich schon länger und kontinuierlich.
- Ich diszipliniere mich zu striktem Nicht-Zocken, denn wie immer an den Märkten, Emotionalität ist riskant und führt zu nicht durchdachten Entscheidungen.
- Oftmals kaufe ich mehrere Hebel auf den selben Basiswert – damit habe ich größere Spielräume, weniger Risiko und höhere Gewinnchancen.
- Ich halte mich an Regel 1 auch wenn ich gerade viele Erfolge mit den Zertifikaten hatte, denn die Anlage darin fällt unter die “hochriskanten Anlagen”.
Ich hoffe Euch damit einen kleinen Einblick in das Thema Knockout-Zertifikate gegeben zu haben und natürlich dass dieser hilfreich für Euch ist. Zu guter Letzt sei nochmals gesagt: Hier handelt es sich nicht um eine Anlageempfehlung! Ich erzähle von meinen Erfahrungen und Strategien. Was ihr mit Eurem Geld macht und wie Ihr es einsetzt obliegt komplett Eurer Entscheidungskraft und Vernunft! Zertifikathandel kann zum Totalverlust führen – also handelt nur damit, wenn ihr Euch dessen bewusst seid.
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